top of page

1.2. Einleitung

Die Entwicklung der Führungsforschung reicht von Carlyles Great Man Theory (1841) bis zu Pinnows Feststellung, dass die effektivste Führungskraft diejenige ist, die ihre eigene Überflüssigkeit herbeiführt. [1]

Die aktuellen Führungstheorien beschreiben unter anderem Servant Leadership, die der Führungskraft eine hohe ethische Verantwortung zuschreibt und ihre Funktion vor allem darin sieht, dass sie dazu da ist, den Mitarbeiter*innen und dem Unternehmen zu dienen. Dies erscheint heute im Verhältnis zur realen Praxis bei der Führung von Unternehmen noch als überzogen, ist aber dennoch ein bemerkenswerter Ansatz.

Die Begriffe Leadership und Führung werden synonym verwendet. [2]

Nach den Ausführungen über die unterschiedlichen Begriffsdeutungen von Führung und den grundlegenden Führungsmodellen wird die evolutionäre Entwicklung der Führungstheorien dargelegt (Seite 16). Sie soll einen roten Faden in die „Wildnis“ der Theorien bringen.

Die verschiedenen Führungsarchetypen stehen hauptsächlich im Kontext der Größe von Unternehmen. Forschungen des Verfassers haben ergeben, dass Entrepreneur*innen hauptsächlich in kleinen Unternehmen im Anfangsstadium zu finden sind, während Manager*innen in Wachstumsphasen und Administrator*innen eher in stabilen Phasen, vor allem in großen Unternehmen und in fortgeschritteneren Zyklen, anzutreffen sind. Leader*innen treten insbesondere in stabilen Phasen von kleinen bis großen Unternehmen, vom Anfangszyklus bis zu fortgeschrittenen Zyklen, in Erscheinung.

1.3. Begriff: Führung

„Unter ‚Führung‘ wird im Allgemeinen ein sozialer Beeinflussungsprozess verstanden, bei dem eine Person (der Führende) versucht, andere Personen (die Geführten) zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben und Erreichung gemeinsamer Ziele zu veranlassen.

Dementsprechend finden sich in der einschlägigen Literatur Definitionen wie die folgenden: [3]

  • ‚Führung in Organisationen: Zielorientierte soziale Einflussnahme zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in/mit einer strukturierten Arbeitssituation.‘ [4]

  • ‚Die Aussage, ‚ein Führender versucht, andere Personen in eine vorgegebene Richtung zu beeinflussen‘, ist relativ simpel, scheint aber die Essenz dessen auszudrücken, was wir unter Leadership verstehen (…).‘ [5]

  • ‚Führung heißt, andere durch eigenes, sozial akzeptiertes Verhalten so zu beeinflussen, dass dies bei den Beeinflussten mittelbar oder unmittelbar ein intendiertes Verhalten bewirkt.“ [6]

Unter der Vielzahl an Definitionen und Deutungen zu Führung hat sich als kleinster gemeinsamer Nenner in der organisationspsychologischen Führungsliteratur folgende Formulierung etabliert: Führung ist die „unmittelbare, absichtliche und zielbezogene Einflussnahme durch Inhaber von Vorgesetztenpositionen auf Unterstellte mit Hilfe von Kommunikationsmitteln“. [7] Führung wird also als eine Einflussnahme durch Personen, insbesondere auf Personen, verstanden.

Das Phänomen der apersonalen Führung, z. B. durch Technik, Strukturierung, fixierte Vorschriften, ungeschriebene Normen usw., das in Organisationen ebenfalls häufig anzutreffen ist, wird hier nicht weiter thematisiert. Derartige Systeme hat Weinert (1989) als „Führungssubstitute“ bezeichnet, die im Extremfall das Ziel haben, den Vorgesetzten überflüssig oder bestenfalls zum „Lückenbüßer der Organisation“ zu machen. Bürokratische Modelle der Organisation zielen darauf ab, die Organisation möglichst weitgehend von personaler Führung freizuhalten. Man kann darüber streiten, ob dies Sinn macht oder nicht. In der Organisationspsychologie steht allerdings das Individuum im Mittelpunkt der Betrachtung. Daher wird sich im Folgenden auch nur auf die personale Konzeption von Führung bezogen. [8]

1.4 . Begriff: Führungskraft bzw. Führungskräfte

Nach Gablers Wirtschaftslexikon sind Führungskräfte „Personen mit Personal- und Sachverantwortung. Können aufgrund ihrer Stellung in der Hierarchie Einfluss auf operative Leistungserstellungsprozesse (Performanz-Management) und auf die strategische Unternehmensentwicklung nehmen.“ [9]

„Die Begriffe Manager und Führungskraft werden häufig synonym verwendet, obwohl sie sich in den erforderlichen Kompetenzen unterscheiden. Führung ist ein Teilbereich des Managements, folglich benötigen Führungskräfte vor allem Führungskompetenzen, während Manager über Managementkompetenzen verfügen müssen.“ [10]

Grundsätzlich verfügen Führungskräfte über Budget- und/oder Personalverantwortung. Spitzenführungskräfte stehen, wie der Name schon ausdrückt, an der Spitze des Unternehmens, sei es als Einzelunternehmer*innen, Geschäftsführer*innen oder Mitglieder des Vorstandes.

Folgende Abgrenzungen sind für das Verständnis der Hierarchieebenen hilfreich:

  • Lower Management [11]

  1. Begriff: im angloamerikanischen Sprachgebrauch die untere Führungs- bzw. Leitungsebene in Unternehmungen, abgeleitet aus dem institutionellen Aspekt des Managementbegriffs.

  2. Im Rahmen des Instanzenaufbaus ist das Lower Management dem Middle Management untergeordnet. Die Positionen des Lower Managements werden im Allgemeinen von Vorarbeitern, Meistern, Team- und Büroleitern eingenommen. Middle- und Lower Management sind einem doppelten Erwartungsdruck ausgesetzt, da sie einerseits Zielvorgaben ihrer Vorgesetzten erfüllen müssen. Andererseits sind sie auch mit Erwartungen und Ansprüchen ihrer Mitarbeiter konfrontiert, denen sie im Arbeitsprozess ebenso Rechnung tragen müssen, wie gesetzlichen Vorgaben, bspw. den Arbeitssicherheitsvorschriften und den definierten Prozessen der disziplinarischen Personalführung, bspw. im Rahmen der Leistungsbeurteilung oder der Urlaubsplanung und Schichteinteilung. In der praxisorientierten Managementliteratur wird deshalb auch von einer „Hammer- und Amboss-Situation“ oder „Sandwich-Position“ gesprochen.

  3. In funktionaler Hinsicht ist das Lower Management mit Planungs-, Organisations-, Steuerungs- und Führungsaufgaben betraut. Im Rahmen dieser Aufgaben hat das Lower Management Routineentscheidungen zu fällen und umzusetzen; Letzteres gilt ebenso für Entscheidungen von übergeordneten Stellen.

  • Middle-Management [12]

ist im angloamerikanischen Sprachgebrauch die mittlere Führungs- bzw. Leitungsebene in Unternehmen und anderen Institutionen zwischen Top Management und Lower Management. Als Middle Management gelten üblicherweise Abteilungsleiter, bspw. Betriebs- oder Fertigungsleiter, oder kaufmännische Ressortleiter. Sie verantworten organisationale Einheiten eines Unternehmens wie z. B. Produktions- oder Servicebereiche, Revision, IT oder Logistik etc., aber auch strategisch bedeutsame Entwicklungs-/Veränderungsprojekte. Mitglieder des Middle Management sind Mitarbeiter hierarchisch höherstehender Vorgesetzter und gleichzeitig Vorgesetzte der ihnen hierarchisch nachgeordneten Führungskräfte und Mitarbeiter. Damit sind sie einem doppelten Erwartungsdruck ausgesetzt. Einerseits sind sie dafür verantwortlich, dass die mit dem Top Management vereinbarten Ziele realisiert werden. Andererseits müssen sie die Interessen und Belange der Mitarbeiter berücksichtigen, sowie das Einhalten gesetzlicher und unternehmensinterner Richtlinien durch diese sicherstellen. Die Diskussionen um schlanke Hierarchien (u. a. Lean Management), agile Organisationsformen (u. a. teilautonome Arbeitsgruppen, Kanban, Scrum) und Digital Leadership legen nahe, dass sich die Führungsfunktion und die Führungsaufgaben des Middle Management grundlegend verändern werden.

  • Top-Management [13]

1. Begriff: Bezeichnung für den Tätigkeitsbereich der obersten Ebene in der hierarchischen Organisationsstruktur der Unternehmung.

2. Funktionen: In Unternehmen zählen i. d. R. der Vorstand bzw. die geschäftsführenden Direktoren zum Top Management. In ihrer Kompetenz liegt bes. die Festlegung der langfristigen Unternehmenspolitik bzw. der strategischen Ziele und die Durchsetzung einer entsprechenden Planung und Strukturierung des Unternehmens.

Das Top-Management vertritt das Unternehmen nach außen und stellt die Kontakte zu Institutionen außerhalb des Unternehmens her, wie etwa Behörden, Fachverbänden, Gewerkschaften etc. Das Top Management ist Träger der Verantwortung für alle Aktivitäten seines Unternehmens, z. B. gegenüber den Eigentümern oder der Gerichtsbarkeit.

  • Leitender Angestellter [14]

Mit der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen betrauter Arbeitnehmer. Der leitende Angestellte ist zwar echter Arbeitnehmer; aufgrund seiner herausgehobenen Stellung besitzt er aber in einigen Bereichen eine besondere Rechtsstellung.

1.5. Führungsprinzipien

In der Managementlehre werden folgende Führungsprinzipien formuliert: 

  • Management by Exception – die Führungskraft greift nur in Ausnahmefällen ein

  • Management by Decision Rules – die Führungskraft stellt klare Regeln für die Ausführung der Arbeit auf

  • Management by Delegation – die Führungskraft gibt Kompetenz- und Verantwortungsbereiche an die Mitarbeiter*innen ab

  • Management by Objectives – die Führungskraft formuliert gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen Ziele, die diese dann eigenständig zu erfüllen haben.

  • Management by Results – die Führungskraft setzt klare Ziele fest, die von den Mitarbeiter*innen zu erfüllen sind (Leistungskontrolle)

  • Management by System – die Steuerung des gesamten Unternehmens erfolgt über eine Software, in der alle Handlungsanweisungen zu allen Arbeitsprozessen festgelegt sind und die einem Regelkreis folgen:

    • Setzen von Zielen

    • Realisieren der Ziele

    • Erreichen der Ziele kontrollieren

    • Handlungsmaßnahmen setzen, um Abweichungen zu korrigieren oder um wieder neue Ziele zu setzen

  • Das Harzburger Modell – die Führungskraft übergibt den Mitarbeiter*innen Arbeitsbereiche, in denen sie frei verfügen können, und übernimmt die Verantwortung dafür.

Die genannten Führungsprinzipien wirken sehr mechanistisch und sind ausschließlich sachorientiert. Deshalb wird auch der Begriff Management by … verwendet.

Die Unterschiede der Begriffe Management – Leadership werden auf Seite 98 eingehend erklärt. Die Kurzfassung lautet, dass Management grundsätzlich ein sachorientiertes und Leadership ein menschenorientiertes Vorgehen bezeichnet.

 

 

[1] Pinnow, 2012, S. 163: „Kurz gesagt: Der beste Chef ist der, der sich selbst überflüssig macht.“

[2] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/leadership-54083. Abgerufen am 22.09.2021

[3] Steyrer, 2009, S. 26

[4] Wunderer & Grunwald 1980: S. 62

[5] Korman, 1971, S. 115

[6] Weibler, 2001, S. 29

[7] Rosenstiel et al., 1988

[8] Poppelreuter (o. J.): S. 6

[9] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/fuehrungskraefte-34088/version-257598. Abgerufen am: 17.06.2021

[10] https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BChrungskraft_(Person). Abgerufen am: 17.06.2021

[11] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/lower-management-40699/version-264078. Abgerufen am: 17.06.2021

[12] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/middle-management-41247/version-264615. Abgerufen am: 17.06.2021

[13] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/top-management-49195/version-272435. Abgerufen am: 17.06.2021

[14] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/leitender-angestellter-41644/version-265005. Abgerufen am: 17.06.2021

bottom of page